HAREROD - Lichtbildreisen
Marcus Hasenstab - Dipl.-Ing. (FH) Elektrotechnik / AutomatisierungstechnikVersion 2202252124
Ein paar Bilder und Texte zur Japanreise im Frühjahr 2018. Die folgenden Einträge wurden erst ab dem Frühjahr 2021 zusammengetragen. Während der sehr abwechslungsreichen Tour war wenig Muse zum Schreiben vorhanden und nach der Rückkehr bis zur nächsten Reise Ende September fand sich aus verschiedenen Gründen auch keine rechte Gelegenheit.
Die Reiseroute führte zunächst von Osaka nach Hirado. Von hier aus ging es dann auf einen Abstecher zu den großen Vulkanfeldern im Inneren und im Süden von Kyushu. Nach ein paar weiteren Tagen in Hirado ging es zurück nach Osaka. Die Karte zeigt die tatsächlich gefahrene Reiseroute.
Insgesamt war die Vegetation noch recht braun, kein Vergleich zu dem üppigen Grün des Juni 2017. Jedoch zeigten sich schon während der
ersten Tagen in Hirado Kirschblüten und wurden zum ständigen Begleiter bis nach Osaka. Wieder zurück in Deutschland fingen nach ein paar Tagen auch hier die Kirschen zu blühen an. Damit waren in diesem Frühjahr Kirschblüten für fast fünf Wochen der Begleiter des Photographen.
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Diese Galerie wird je nach Zeit, Lust und Laune ausgebaut. Bitte einfach bei Gelegenheit mal wieder vorbeischauen.
Da ein paar meiner Leser Japanisch lernen, habe ich einige Bilder nur wegen der Kanji hier eingestellt. Viel Spass beim Knobeln!
Ich erzähle im Folgenden auch Geschichten ohne Bilder. Obwohl ich die Kamera fast immer am Mann habe, lasse ich sie beim Kontakt mit Menschen meist am Rücken hängen. Dies ist in meinen Augen ein kleiner Preis für die vielen netten Begegnungen und ungezwungenen Gespräche.
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Ankunft in Japan.
Es gab im Vorfeld zwar verschiedene Pläne für die kurzen zwei Wochen in Japan. Wie es sich für brave Touristen gehört, wurde zunächst Nara angefahren. Im nasskalten Dauerregenwetter war diese Tourismushochburg nicht sonderlich attraktiv und der Wunsch nach einem Wiedersehen mit Hirado groß. Also ging es noch in der ersten Nacht bis Kasai.
Am nächsten Morgen wurde die Reise zügig mit durchschnittlich 80km/h, ohne große Aufenthalte per Expressroute nach Kyushu fortgesetzt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass das erste Photo dieser Reise vor Herrn Kawaharas Andenkenladen an der Franz-Xaver-Gedächtniskirche in Hirado aufgenommen wurde. Hier hatten wir im letzten Jahr viele interessante Gespräche geführt.
Heute gab es ein Wiedersehen mit Bekannten von der letzten Reise vor knapp einem Jahr. Jawoll, lange nicht gesehen, aber sie haben meine lange Nase gleich wiedererkannt.
Man kennt sich aus, in Hirado - und kann daher leicht ein wenig Reiseführer für neue Besucher spielen.
Korea ist von hier aus keine 200km entfernt, Hirado (平戸) und damit die ganze Region Nagasaki waren über viele Jahrhunderte für Japan das weite (平) Tor (戸) zur Welt. Von hier aus stachen viele Reisende in See oder kamen in Japan an. Auf einem Hügel über der Bucht Tanoura wird an Kobo-daishi erinnert, der hier zu seiner Reise nach China aufbrach. Die überlebensgroße Statue lädt zu photographischen Spielen ein. In Bild 6328 steht der Teekessel auf der Spendenbox (浄財 - Spende - Reinigung-Geld).
Von Hirado aus überspannt eine Brücke die Strömung der Tatsunoseto Meerenge (辰ノ瀬戸 "Drachenströmungsmeerenge") zur kleineren Nachbarinsel Ikitsuki (生月島). Viele Ortsnamen auf Ikitsuki enden mit -ura (浦), was soviel wie "Bucht" bedeutet. Direkt an der Brücke liegt das Hafenörtchen Tachiura (舘浦). Beim Durchwandern seiner engen Gassen ging mir der Gedanke durch den Kopf "zum Glück steht das Auto unten am Hafen". Doch dazu morgen mehr.
Steht man am Hafen hinter der Fischfabrik, lohnt sich ein Rundumblick. In Richtung Süden sieht man die Brücke nach Hirado. In Richtung Norden sieht man oberhalb der Dächer einen Buddha und einen burgartigen Schrein. Unsere Präsenz erzeugt zunächst Interesse, gefolgt von Enttäuschung bei der lokalen Schwarzmilan- und Möwenpopulation. Die schwarzen Milane (Tobi oder Tonbi) sind über das ganze japanische Archipel verbreitet und haben sich zum Kulturfolger entwickelt. Regelmäßig sieht man Filmberichte im Fernsehen, wie diese Raubvögel in Stadtparks Fleisch direkt vom Grill stehlen.
Folgt man den engen Gassen in Richtung Buddha, so findet man zum Ikitsuki Kannon-do Tempel (生月観音堂), einem quaderförmigen Block, welcher dem riesigen Buddha als Sitzkissen dient, während er die Ortschaft überblickt.
Auf dem gegenüberliegenden Hügel liegt der shintoistische Hiu Schrein (比賣神社) mit seiner schönen Aussicht über den Ort.
Heute verlassen wir vorübergehend unsere Freunde in Hirado und machen uns auf den Weg in den Süden von Kyushu. Am Abend sind wir bis Miyama Stadt gekommen. In dieser Gegend ist die Kirschblüte schon voll im Gang, so dass die grünen Hügel östlich der Autobahn E3 von rosa Flecken geziert werden. In einem solchen Kirschbaumhain sollten wir unter einem wahren Blütenmeer die Nacht verbringen.
Unser Standort ist auf unfähr halber Höhe zwischen Miyama und einem Berggipfel. Die enge Straße darf nur in einer Richtung befahren werden.
Sehr früh am nächsten Morgen, es ist kurz nach fünf, wir sind gerade mit dem Frühstück fertig, kommt ein Herr mit sehr kurzer Frisur, bekleidet mit einer weiten braunen Hose und einem grauen Strickpullover, den engen Weg heraufgelaufen. Wir wünschen höflich einen guten Morgen, wodurch wir ins Gespräch kommen. Wo wir denn herkommmen, lautet die Frage? "Aus Deutschland, wir sind im Urlaub", lautet die Antwort. "Und wo kommen Sie her?" Er deutet auf die 100m tiefer liegenden Tempelbauten - "von dort" (本坊庭園 - Haupttempelgarten). Bei der Frisur war ja sowieso schon klar, was als nächstes kommen würde: "Oh, Sie wohnen im Tempel?" "Ja, ich bin dort Priester."
So lernten wir also den Oberpriester des Kiyomizudera-Tempels kennen. Die Tempelanlage ist recht weitläufig über den Berghang verteilt. Wir erfahren, dass er jeden Morgen zum oberen Altar pilgert, um kleine Opfergaben darzubringen.
Wir werden gefragt, ob wir ihn von hier (ca. 第3展望所) zum Gipfel (大観峠展望所) begleiten wollen, eine Einladung der wir sehr gerne folgen. Es geht zügig bergan, denn der Mann ist zwar wahrscheinlich siebzig, aber er geht diesen Weg seit Jahrzehnten jeden Tag.
Für den Abstieg wählt unser Gastgeber die bequemere Autostraße. Auf dem Weg nach unten nimmt er unvermittelt sein Handy in die Hand und ruft seine Frau an. "Du, ich bringe ein deutsches Paar mit zum Frühstück." Wir bedanken uns im Voraus herzlich für die unverhoffte Einladung, weisen jedoch vorsorglich darauf hin, dass wir gerade eben erst gefrühstückt haben und daher keinen großen Hunger haben. Über eine gemeinsame Tasse Tee würden wir uns aber sehr freuen.
Bald sind wir wieder an unserem Auto angelangt, welches gefühlte hundert Höhenmeter oberhalb der Haupttempelanlage steht. Auf Bild 6823 steht unser Auto oberhalb von 第3展望所, während das Wohnhaus und der Haupttempelgarten bei 国指定名勝「本坊庭園」 liegen. Also verwandeln wir den Campervan schnell in einen fahrbaren Untersatz für drei Personen und legen den Rest der Strecke in kurzer Zeit zurück.
Wir werden einen Raum geführt, an dessen linker Wand Bilder mit verschiedenen Szenen aus der Geschichte des Tempels hängen. Die rechte Seite beinhaltet einen Altar. Vor uns werden die japanischen Wände zur Seite geschoben, so dass wir den atemberaubenden Blick in den wunderschönen Honbou-Garten genießen können.
Unsere Gastgeberin bewirtet uns mit Tee und verschiedenen Speisen. Sie hat in der Schule Deutsch gelernt, welches heute morgen seit langer Zeit das erste mal zur Anwendung kommt. Die gebratenen Shiitakepilze sind besonders im Gedächtnis hängen geblieben.
Bevor wir uns verabschieden, tauschen wir noch kleine Geschenke aus und machen ein gemeinsames Erinnerungsphoto. Kurz vor neun Uhr machen wir uns auf den Weg, die Tempelanlage zu besichtigen.
6912 - Autofahren
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Heute steht ein schweres Kapitel japanischer Geschichte auf dem Programm. Vom
Fliegerhorst Chiran starteten Piloten der sogenannten
Spezialangriffskräfte zu ihrem letzten Flug. Das
Chiran Peace Museum for Kamikaze Pilots setzt den Soldaten ein Denkmal, die ihre mit Sprengstoff beladenen Flugzeuge oder Boote dem Gegner entgegensteuerten.
Das Museum in Chiran dokumentiert die deprimierende Geschichte von Menschen, welche so gedrillt und erpresst wurden, dass sie wissentlich einen Flug ohne Wiederkehr antraten. Was ging in den Köpfen dieser Menschen vor, während sie ihre fliegenden Bomben vier, fünf Stunden lang einem Punkt im offenen Meer entgegensteuerten, an dem sich die Kräfte eines übermächtigen Gegners befanden?
Es hat knapp vier Jahre gedauert, bis ich angefangen habe, diesen Text zu schreiben. Das Museum enthält viele interessante Ausstellungsstücke, von denen ich die meisten in der Zwischenzeit vergessen hatte. Zwei Austellungen jedoch, werden mir wohl für immer im Gedächtnis bleiben:
Zum einen die Replik einer
Unterkunft für Kamikazepiloten,
komplett mit Betten. Die Piloten erfuhren am Vorabend von ihrem Einsatz am nächsten Morgen und hatten an so einem Ort auf Anordnung Abschiedsbriefe an ihre Familien zu schreiben. Frauen, welche hier als Haushälterinen dienten, berichteten, dass Sie in solchen Nächten oft unterdrücktes Weinen gehört haben und am nächsten Morgen so manches Kopfkissen durchgeweicht von Tränen war.
Zum anderen die Räume mit den Bildern und Abschiedsbriefen der Piloten -
Englisch/Japanisch.
Die Piloten wussten, dass ihre Briefe vor der Weiterleitung an die eigentlichen Adressaten vom eigenen Nachrichtendienst kontrolliert wurden. Der Leser möge dies beim Lesen der Texte im Hinterkopf behalten.
Im Museum selbst wollte ich keine Bilder aufnehmen. Die folgenden Bilder sind im Außenbereich aufgenommen.
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siebold museum
dejima
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Auch diese ereignisreiche Reise ist nun fast vorbei. Das Auto sieht nach der Reparatur wie neu aus. Allerdings
tauchen immer wieder Bruchstücke der geplatzten Scheibe an den unmöglichsten Stellen auf.
Zum Abschied schenkt mir der Chef der Autovermietung noch zwei Fläschchen mit leckerem japanischen Whisky.